Erst einmal Skandal…
Kunstwerke, die berühren, die angreifen und die angegriffen werden
Um zu zeigen, wie schwer es Kunst – besonders die Bildhauerkunst – im öffentlichen Raum oft hat, sollen neben dem Otto Leege Tor exemplarisch drei Skulpturen als Beispiele aus der Kunstgeschichte aufgeführt werden. Erstaunlicherweise gibt es Schwierigkeiten in ähnlicher Weise durch die Jahrhunderte hindurch. Unsere Postmoderne bestückt zwar unsere Städte mit den vielfältigsten Objekten und Installationen, deren künstlerischer Gehalt oft kaum erkennbar ist; ästhetisch qualifizierte Reaktionen sind selten … eher eine Art abwertender „Gleichgültigkeit“; eine Assoziation zu des „Kaisers neue Kleider“ drängt sich auf.
Das Otto Leege Tor rief nach seiner Aufstellung massive Kritik bei einer kleinen Anzahl von Insulanern hervor, was an die Skandale früherer Zeiten denken lässt, die im folgenden geschildert werden. (siehe Medienbericht Nr. 9) / (siehe Medienbericht Nr. 11) / (siehe Medienbericht Nr. 14) / (siehe Medienbericht Nr. 18) / (siehe Medienbericht Nr. 37)
Es geht um drei Skulpturen aus verschiedenen Epochen, deren Anfangsgeschichte kurz darzustellen ist. Dabei wird eine Gemeinsamkeit auffällig: sie wurden zunächst vehement
abgelehnt, später jedoch von den Menschen vor Ort angenommen, auch sehr geschätzt und in einer dritten Phase als bedeutende Kunstwerke anerkannt.
Es wäre vermessen, das Otto Leege Tor in eine Reihe mit diesen großen Kunstwerken zu stellen, allein die Reaktion von Menschen auf neue ungewöhnliche Arbeiten der Bildhauerei soll verglichen werden.
Würde Bunk sich vergleichen wollen mit Michelangelo, Canova oder Rodin hätten einige Juister recht, die meinen, er wolle nur selbst im Mittelpunkt stehen und sich ein Denkmal setzen. Mit den drei Beispielen soll lediglich gezeigt werden, dass Kunstwerke, die aus einem starken inneren Anliegen des Anfertigenden – also des Bildhauers – entstehen und nicht dem vorherrschenden Kunstverständnis entsprechen, zuerst emotional stark abgelehnt werden. Mit dem Otto Leege Tor soll ein Mensch gewürdigte werden, der an der Zeitenwende zum 20. Jahrhundert – zu einer Zeit also, in der der Mensch gelernt hatte, so fundamental in die natürliche Umwelt einzugreifen, dass er langfristig die Existenz unseres lebendigen Planeten zerstören kann, eine neue ökologisch-nachhaltige Beziehung zur Natur gefordert und beispielhaft gelebt hat.
Das Hervorheben eines Menschen, einer Situation oder eines Geschehnisses durch ein Kunstwerk ist nur durch Mittel zu bewerkstelligen, die den Betrachter aus seinen Gedanken, aus seinen Gesprächen herausreißen und ihn ansprechen, ja massiv ansprechen, zum Beispiel: „Sieh dir dieses gewaltige Tor an! Warum steht es hier? Für wen ist es aufgestellt?“ Wer ist Otto Leege? Schafft man als Künstler dieses Aufrütteln des Betrachters nicht, dann tritt ein, was Robert Musil in einem Essay über Denkmäler geschrieben hat:
„Es ist das auffallendste an Denkmälern, dass man sie nicht bemerkt. Es gibt nichts auf der Welt, was so unsichtbar wäre wie Denkmäler. Sie werden doch zweifellos aufgestellt, um die Aufmerksamkeit zu erregen; aber gleichzeitig sind sie durch irgend etwas gegen Aufmerksamkeit imprägniert, und diese rinnt wie Wassertropfen – auf Ölbezug – (artig) an ihnen ab, ohne auch nur einen Augenblick stehenzubleiben.“ (Robert Musil: Nachlaß zu Lebzeiten, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2004, S.62) Vielleicht sollte der Leser sich fragen, ob in seiner Stadt, in seinem Wohnort, ein Denkmal steht und ob er es beschreiben kann?
Wie erging es Michelangelo zur Zeit der Renaissance mit seiner großen Marmorskulptur, dem ‚David‘?
Als Michelangelo 1504 seinen David fertiggestellt hatte, war der Standort in Florenz heftig umstritten. „Denn noch war der David nicht auf seiner Stelle und all der Ruhm, der Michelangelo daraus erwuchs, und der den Neid der Anderen hätte erwecken können, kaum im Entstehen begriffen, als schon der bitterste Haß gegen ihn zum Durchbruch kam.“1
Als das riesige Marmorstandbild, das eine Höhe von 4,10 m hat, aus Michelangelos Atelier zum Standort gebracht wurde, erhoben sich nicht nur kritische Stimmen, sondern es kam zu handgreiflichen Auseinandersetzungen. Der Umzug dauerte 3 Tage. Nachts wurde mit Steinen nach der Skulptur geworfen. „Eine Wache musste beordert werden, um sie zu schützen.
Man attackierte die Wachen, und acht von denen, die ergriffen wurden, kamen ins Gefängnis.“
Dann in der 2. Phase, die Akzeptanz, die Hochschätzung des Werkes durch die Menschen vor Ort: „… Seine Aufstellung war ein Naturereignis, von dem aus das Volk zu rechnen pflegte. Man findet: so und so viele Jahre nach der Aufstellung des Giganten. Das wird angeführt in Aufzeichnungen, in denen sonst keine Zeile für die Kunst übrig war.“ Und weiter schreibt der Autor der Michelangelo-Biographie, Herman Grimm: „Man tadelt dies und jenes, findet ihn zu groß für den Gedanken, oder den Gedanken zu klein für seine Größe, einen fast knabenhaften Jüngling solle man nicht kolossal darstellen. Werke von diesem Umfange aber bedürfen öfterer Betrachtung.Man muss sich an sie gewöhnen, um sie zu fassen in ihren Verhältnissen.“
(Zitate aus Herman Grimm, Leben Michelangelo’s, Verlag Carl Rümpler, 1873, S.237f)
Fast 300 Jahre später hatte Antonio Canova ähnliche Probleme
In dem kunstgeschichtlichen Werk „Klassizismus und Romantik“ wird beschrieben, wie das Bildwerk „Amor und Psyche“ seine Bewunderer zu heftigsten Beifallskundgebungen brachte als auch seine Gegner zu den missfälligsten Bemerkungen. Gustave Flaubert etwa, der „Amor und Psyche“ in einer Galerie betrachtet hatte, war derart begeistert, dass er mehrmals zu ihnen zurückkehren musste, „…und habe zum Schluss“, schrieb er, „die Achsel der hinsinkenden Frau geküsst, die ihre langen marmornen Arme nach dem Liebesgott ausstreckt. Und der Fuß! Der Kopf! Das Profil! Möge man mir verzeihen: Es war mein erster sinnlicher Kuss seit langer Zeit. Es war noch etwas mehr: Ich küsste die Schönheit selbst“. (Zitat aus Rolf Tomann, Klassizismus und Romantik, Verlagsgesellschaft Könemann, 2000, S. 265) Entschuldigend fügte er hinzu, seine Begeisterung habe nur dem Genius gegolten.
Eine neue Innerlichkeit zieht in die Ausdrucksweise klassizistischer Skulpturen ein.
Skandalträchtig für die Einen, eine Bereicherung skulpturalen Ausdrucks für die Anderen.
Auguste Rodin an der Schwelle zur Moderne hatte es auch nicht leichter
Als Vierzigjähriger bekam der Bildhauer aus Paris seine ersten Aufträge, darunter auch einen Auftrag von der Stadt Calais für ein Denkmal.
Es fing alles einfach an: Das Gipsmodell, das er den Stadtvätern von Calais vorlegte, wurde genehmigt. Jedoch schon ein zweites Modell, ein halbes Jahr später gezeigt, führte zu heftigen Auseinandersetzungen. Als sich die Stadt endlich an die aufzustellende Gruppe gewöhnt hatte, ging die Diskussion um die Art der Aufstellung um so heftiger los.
Zentrales Thema der Auseinandersetzungen zwischen den Stadtvätern und dem Künstler war das Verhältnis der Skulptur zu Raum und Betrachter. Der Streit zog sich über Jahre hin. Erst 10 Jahre nach der Auftragserteilung wurde die Skulptur am 3. Juni 1895 mit einer großartigen Feier eingeweiht. Mit Musikanten, Fackelträgern, Reiterparaden, Tanzfest und Festessen begann ein neues Zeitalter der Kunst.
„Aus einem öffentlichen Auftrag war hier ein großes, unabhängiges, revolutionäres Kunstwerk entstanden.“ (Zitat aus „Faszination der Bewegung“, Rodin, Dominique Jarrassé, EditionsPierre Terrail, Paris 1993, S. 13)
Das Otto Leege Tor – zu ernsthaft für die Postmoderne?
Mit den Argumenten aus den oben beschriebenen Darstellungen wird auch das Otto Leege Tor abgelehnt. „Es passt nicht auf die Insel.“ „Es ist zu groß für den Standort.“
„Es sieht zu japanisch aus.“ Eine auf Juist lebende Bildhauerin äußert sich folgendermaßen: „Soll man nun chinesisch denken und japanisch fühlen? Auf Juist? Was hätte Otto Leege dazu gesagt?“ „Es ist plump und hässlich“, so eine andere Künstlerin.
Ein weiterer Juister Künstler polemisiert öffentlich in einem Zeitungsartikel gegen die Größe des Tores mit folgenden Argumenten: „Leege habe einst auf den Knien gelegen, um Helm und andere Pflanzen auf Juist anzusiedeln. Die kleinwüchsige Juister Pflanzenvielfalt sieht zudem nur derjenige, der den Blick auf den Boden richtet, während Bunks Torii und seine geplanten Vogelskulpturen, die auf Dünen gesetzt werden sollen, den Betrachter zwingen, mit hocherhobenem Kopf durch die Dünenlandschaft zu gehen.“ (siehe Medienbericht Nr. 11)
Warum fragt man sich, erhitzen sich die Gemüter derart bei einem Kunstwerk, das sich trotz seiner Größe gut in die Landschaft einpasst. Aus einiger Entfernung ist es kaum noch zu sehen, nur wenn man unmittelbar davorsteht, zeigt es sich in beeindruckender Größe und in seiner bildnerischen Wahrhaftigkeit. Drei ca. 70 Jahre alte gebogen gewachsene Douglasien und ein gerader Riegel wurden verwendet. Nach monatelangem Suchen wurden sie in einem Wald bei Oldenburg gefunden und dort in traditioneller Zimmermannsarbeit angefertigt. Wobei auch ungewöhnliche Sorgfalt bei der Konstruktion der Erdverbindung angewendet werden musste. Das mehr als 2 t schwere Holztor wurde über Scharniere in die Senkrechte gedreht und dann verbolzt. Die massiven V 2 A Stahlbeschläge sind sozusagen implantiert worden.
Obwohl das Tor schon aufgrund seiner ungewöhnlichen Fertigungsart und der kunsthandwerklichen Leistung Achtung und Anerkennung verdient hätte, werden diese Eigenschaften von den lautstarken Kritikern nicht wahrgenommen.
Sehen sie nicht die nach oben weisende Form des Kopfstammes, den Vogelschwingen, Meereswogen und Dünenwellen verwandt?
Worin kann diese Ablehnung begründet sein?
Liegt es an den besonderen sozialen Verhältnissen auf der Insel?
Hat sich Kunst in ihrer postmodernen Ausprägung bereits soweit zurück entwickelt, dass ernsthafte, berührende Aussagen nicht mehr akzeptiert werden?
Hat sich die Postmoderne mit dem Geist der Beliebigkeit, ihren Gags, mit der Auflösung der Wahrheit in Relativismen, freischwebenden Zeichen und multiplen Wort- und Formspielen schon so in unserer Kultur festgesetzt, dass der naive Versuch durch ein in der Kunstgeschichte verankertes Zeichen – das Ehrentor – einen Menschen, die ihm gebührende Ehre zu verleihen, Empörung hervorruft?
Oder liegt es einfach daran, dass der „Ochs“, sprich die von einigen vertretene „öffentliche Meinung“, vor einem neuen Scheunentor – in unserm Falle vor dem Otto Leege Tor – steht?
Sicher sind hier keine eindeutigen Aussagen möglich.
Zu beantworten wäre in diesem Zusammenhang noch die Frage: Warum im Projekt „Gesamtkunstwerk Otto Leege Pfad – ein ökologisch-künstlerischer Inselpfad“ ein Ehrentor für Otto Leege eingeplant worden ist.
Otto Leege ist der Pionier des Naturschutzes an der Ostfriesischen Küste und auf den Inseln. Er war Naturwissenschaftler, Ornithologe, Heimatforscher, Landschaftsgestalter und der erste Kommissar für den Naturschutz in Ostfriesland. Er war ein Mensch, der für die Landschaft, für den Vogelschutz und für seine Wissenschaft gelebt hat. Für die vielen Jahre, die er der Pflege und der Entwicklung der Flora und Fauna des Memmert gewidmet hat, wird er als „Vater des Memmert“ bezeichnet. Ihm ist das erste Vogelschutzgebiet an der Nordseeküste zu verdanken.
Ehre, Verdienste, egal welcher Art, spielten in seinem Leben keine Rolle.
So hat es Prof. Georg Wagner in seinem Brief an Leege zu dessen 80. Geburtstag ausgedrückt:
„Und nach Dir werden noch zahllose Forscher Deine zierliche Schrift lesen und als einzigartige Urkunden auswerten. Was Du hier geleistet hast, das wissen die Allerwenigsten. Das zeigt erst die Zukunft.“
Und heute ist Leege dabei, vergessen zu werden!
Es ist gegenwärtig besonders wichtig, auf die Bedeutung Leeges hinzuweisen, da die Landschaft, deren Beobachtung und Pflege sein Lebenswerk war, das „Wattenmeer“ im Juni 2009 zum Weltnaturerbe erklärt wurde.
Zur Symbolik des Tores bemerkt Bunk:
„Dem Wesen Leeges gemäß soll das Ehrentor nicht als Augenblickserlebnis – wie das Betrachten eines Standbildes – sondern als Impuls dienen, vom Heute in die Zukunft zu blicken, aus der Betrachtung des Gegenwärtigen die Weiterentwicklung in die Zukunft hinein zu betreiben.
Leege hat durch seine Arbeit ein Tor in die Zukunft geöffnet, was hier durch künstlerische Mittel – in Form des Ehrentores – sichtbar werden soll.“ (siehe Faltblatt „Das Otto Leege Tor auf Juist“, Eine Veröffentlichung des Otto Leege Instituts, 2009)
Anhang:
Es werden im folgenden einige kritische, zum Teil polemisch herabsetzende Äußerungen zum Gesamtkunstwerk Otto-Leege-Pfad und zum Otto Leege Tor wiedergegeben:
1.
Offener Brief von Hilta Depser-Moritz, Juist, 16.09.2009,
an den Leiter des Nds. Nationalparkes Wattenmeer:
An den Leiter Nds.Nationalpark Wattenmeer
Herrn Peter Südbeck
Virchowstr.1
26382 — Wilhelmshaven
betr.: unser Telefonat über das Projekt Otto-Leege-Pfad auf Juist
hier : Offener Brief
Sehr geehrter Herr Südbeck,
wie versprochen das Protokoll der Begehung des zukünftigen Lehrpfads durch Herrn Bunk und den Leiter des NP-Hauses Jens Heyken vom März 2007 anbei. Wie daraus hervorgeht, bestand Einigung zur Erstellung der Aussichtsplattform, sich auf die „erste Düne hinter der Gabelung Flugplatzstraße / Jaguarweg in östlicher Richtung“ zu beschränken. Dort wäre der Eingriff in die Natur des Nationalparks minimiert worden.
Die Alternative, den „verhältnismäßig langen Weg durch den Nationalpark“ von der Flugplatzstraße „an typischen Graudünen vorbei, wo in alten Kaninchenlöchern Brandenten brüten“ neu zu schaffen wurde damals aus Naturschutzsicht und Kostengründen abgelehnt. Die später verfolgte Idee, den Eingriff in diese Dünenlandschaft doch zu wagen, ging davon aus, mit einem Holzbohlenweg, die Dünenkuppen, die überbrückt werden müssten, natürlich zu belassen, also ohne bodenverdichtendende Maßnahmen auszukommen.
Da das Otto-Leege-Tor mit 5,75m Höhe x 6,45 m Breite gigantische Maße bekommen hat und mit gewaltigen Mengen Zement einbetoniert wurde, besteht die Sorge, dass im Zuge der beantragten Baumaßnahme Otto-Leege-Lehrpfad weitere Bodenverdichtungen entstehen, sowie das Landschaftsbild des Nationalparks und die dort lebende Flora und Fauna nachhaltig beeinträchtigt werden.
Auch wenn eine Ausgleichsmaßnahme für den Otto-Leege-Lehrpfad schon bei der Ausschreibung benannt wurde, muss dem Nds. Naturschutz Gesetz nach § 28a zum Biotopschutz Folge geleistet werden, zumal nicht nur der geplante Lehrpfad angelegt, sondern noch zusätzliche Kunstobjekte aufgestellt werden sollen.
Ich bezweifele, dass dem Amt für Bauordnung eine Bauzeichnung des o.a. Tors beigelegen hat. Laut Aussage des Juister Bauamts sind auf Grund einer Beschreibung des Weges vom LK die Objekte benannt worden, die einer Baugenehmigung unterliegen. Für eine 5 m lange Stelltafel, die noch am Goldfischteich errichtet werden soll, die sicherlich auch Betonfundamente benötigt, wird von Herrn Bunk, dem Vorsitzenden des Otto-Leege-Instituts noch ein Bauantrag nachgereicht, wie es in seinem Antrag zum Holzbohlenweg heißt. Wieso soll dann, laut Aussage von Herrn Dr. Dirk Wübben, der Juror der Ausschreibung war und in der Projektgruppe des Otto-Leege-Pfads mitarbeitet, ein Kunstwerk wie das Otto-Leege-Tor, das nicht Teil des Lehrpfads ist, sondern einzig und allein durch die Idee des Bildhauers Bunk und mit der Unterstützung des Otto-Leege-Vereins entstanden ist, und das größer ist als o.a. Stelltafel, keiner Baugenehmigung bedürfen?
Sie sagten mir, dass Sie keine Diskussion über das Kunstwerk „Torii“ führen möchten, dass dies nicht zu Ihren Aufgaben gehört. Da Sie jedoch als Juror bei der Ausschreibung des Lehrpfads mitgewirkt haben und in der Projektgruppe zur Erstellung des Pfades mit arbeiten, wissen Sie doch auch, dass keinerlei Ausschreibung für zusätzlich zum Lehrpfad geplante Kunstwerke stattgefunden hat. Herr Bunk konnte als Vorsitzender des Otto Leege Instituts UND Juror UND Projektleiter des Otto-Leege-Lehrpfads UND als Künstler das Otto-Leege-Tor errichten lassen, ohne dass die mitarbeitenden Juroren und Preisträger irgend etwas gegen diesen autokratischen Alleingang unternommen haben. Ich war die Einzige, die sich kritisch zu den geplanten Kunstwerken geäußert hat, was in der Auseinandersetzung mit Bunk schließlich zu meinem Austritt aus dem Otto Leege Institut geführt hat.
Wissen Sie, dass im Text des Flyers, der von Bernd Bunk zum Torii erstellt wurde, sein Name 4 x erwähnt wird? Bunk vergleicht sich dabei mit dem berühmten Bildhauer der Moderne: C.Brancusi. Das ist nicht gerade bescheiden von ihm, zumal er sich als ersten und einzigen Bildhauer eines Ehrentors der Postmoderne bezeichnet.
Wem soll hier Ehre erwiesen werden? Auf Juist wurden viele Stimmen gegen das Torii laut, es wird Bernd-Bunk-Eigentor und Western-Ranch-Tor genannt und gewitzelt, dass dort demnächst eine Sushi-Bar eröffnet wird!
Es gibt aber auch das ernsthafte Vorhaben einiger Juister Bürger, die Gemeinde Juist zum Abbau zu bewegen. Die Inselschule könnte in Otto-Leege-Schule umbenannt werden und das Tor dort einen Standort im Ortsteil erhalten. Vielleicht können Sie die Gemeinde bei diesem Vorhaben unterstützen!
Aus der Stationstabelle (siehe Anlage) geht hervor, dass anstelle der 1.Preisträgerin Elke Freese, Oldenburg, die von Herrn Bunk nicht weiter informiert wurde, die Nationalparkverwaltung mit der Erstellung der Station 1 und 2 von Abschnitt I beauftragt wurde. In der Station 1 wurde ebenfalls 1 Kunstwerk aufgenommen. Ich füge Fotos von den Stationen 1 und 10 bei, wo sich Bernd Bunk auf den Dünenkuppen als Vogelskulptur positioniert.
Ich hoffe, dass Sie es als Leiter der NP-Verwaltung wahr machen, wie Sie mir am Telefon versicherten, dass keine derartigen Eingriffe in den Dünen vorgenommen werden. Auch das Überdenken des Holzbohlenwegs mit den zahlreichen Pfostenbetonierungen möchte ich Ihnen hiermit noch einmal nahe legen. Der Bau der Aussichtsplattform wäre, wie schon im o.a. Protokoll beschrieben, am Eingang des Jaguarwegs wesentlich Natur verträglicher und für die Gemeinde Juist als Träger der Verkehrssicherheitsverpflichtung eine leichtere Aufgabe, als ein zusätzlicher Holzbohlenweg, der durch die Wetterbedingungen nicht nur im Winter zu einem Unfall trächtigen Projekt würde.
Es ist sicher nicht leicht für Sie, die Verstrickung Ihres Amtes mit den eingegangenen Verpflichtungen gegenüber dem Otto Leege Institut zu lösen, wäre aber für das Ansehen der Nationalparkverwaltung und der Verpflichtung gegenüber einem Weltnaturerbe, das etwas anderes, als ein Weltkulturerbe ist, richtig.
Im Vertrauen auf eine allem zuträgliche Lösung
und freundlichen Grüßen,
Hilta Depser-Moritz
2.
Ostfriesischer Kurier, Norden, 26. Okt. 2009, Leserbrief von Reiner Schopf, Jakobsdorf:
Hat Otto Leege das verdient?
Otto Leege hat dokumentiert, wie die „Naturschutztradition“ bis weit in die 1920er-Jahre aussah:
Vogelmassaker mit Pulver und Blei als „Belustigung“ für Einheimische und Badegäste. Den Rest besorgten die „Möweneiersammler“. Unterstützt wurde Leege durch Insulaner kaum. Olle Kamellen? Ich habe 30 Jahre auf Memmert gelebt und auch die Kachelotplate und den Westteil Juists beobachtet. Von einem Problembewusstsein war auch in jüngster Vergangenheit nicht viel zu merken.
An der sandigen Salzwiesenkante im Westen Juists brüteten Seeschwalben und Regenpfeifer. Sie sind längst Opfer der dort üblichen Outdoor-Aktivitäten geworden: Anlanden von Sportbooten, Grillpartys, frei laufende Hunde, zeltende Paddler, Beiboot-Wettfahrten… „Großzügig“ hat die Nationalpark-Verwaltung das Treiben in der Zone 1 durch eine „Befreiung“ legalisiert.
Die Kegelrobben haben sich nicht wegen, sondern trotz dieser Art „Naturschutztradition“ auf der Kachelotplate angesiedelt. Dazu zählen wohl auch die regelmäßigen Tiefflugübungen von Motorsegelflugzeugen über dem Sand. Es ist noch nicht sehr lange her, dass der Abschuss von Seehunden, Kormoranen und Eiderenten – alles „Schädlinge“ – gefordert wurde. Die Gemeinde hat mehr als einmal mit dem „Austritt aus dem Nationalpark“ gedroht, wenn ihr der Schutz lästig wurde.
Otto Leege hat schon in den 1930er-Jahren über den zunehmenden Fremdenverkehr geklagt. Was würde er heute, zum real existierenden Massentourismus sagen? Würde er ihn in „Umwelttourismus“ umbenennen und sich einbilden, das Problem sei gelöst? Würde er drauf bauen, dass das Heer der Freizeithungrigen ganz sanft mit der Natur umgehen kann? Würde er die Dünenlandschaft mit einem „Gesamtkunstwerk“, samt „Bernd-Bunk-Eigentor“ verschönern? Inklusive Einsatz von schweren Maschinen und massiven Betonfundamenten? Kaum vorstellbar! Mit etwas mehr Bescheidenheit, ohne Dünen zu schädigen und ohne dass sich Bernd Bunk – in Personalunion Vorsitzender des Otto Leege Instituts, Juror und Projektleiter des Lehrpfads, „Kernort“-Erfinder und Künstler – selber ein Denkmal setzt, wäre man Otto Leege sicher gerechter geworden. Man möchte das alte Bild bemühen: Dass sich jemand im Grab umdrehen würde, wenn er wüsste, was in seinem Namen gemacht wird. Erst bekämpft und verachtet, nach seinem Tod instrumentalisiert, hat Leege das verdient?
3.
Schreiben von Hilta Depser-Moritz an die DBU, zitiert aus: www.wattenrat.de › Aktuelles
An die Deutsche Bundesstiftung Umwelt
Sehr geehrte Damen und Herren,
lange habe ich gezögert, mich an Sie zu wenden, da ich das o.a. Projekt nicht gefährden wollte.
Da jedoch immer mehr Flora und Fauna gefährdet werden, je weiter das Projekt mit Hilfe von Finanzförderung entwickelt wird, sehe ich die letzte Hoffnung in einer Minimierung desselben auf die Grundidee: einen Naturlehrpfad, der künstlerisch gestaltet wird, sich jedoch der umgebenden Natur anpasst, statt sie zu dominieren.
Der 1. Teilabschnitt des Pfades wurde Pfingsten mit einem Ehrentor für Otto Leege, den Begründer der Vogelschutzinsel Memmert, eingeweiht. Otto Leege würde sich im Grabe umdrehen, wenn er das gigantische Torii in japanischem Stil ( 5,75m hoch x 6,45m breit) sehen könnte, sagen Juister, die seine Einstellung zur Natur noch kennen.
Bernd F. K. Bunk errichtete das Otto-Leege-Tor als 1.Vorsitzender des Otto-Leege-Instituts und Juror und Projektleiter des Otto-Leege-Lehrpfads und als Entwurfskünstler, ohne dass die mitarbeitenden Juroren (z.B. NP-Leiter P.Südbeck, Prof.Dr.Jaenisch, Old.Universität, Dr.Wübben) und die Preisträger irgend etwas gegen diesen autokratischen Alleingang unternommen haben. Die 7 Mitglieder des Otto-Leege-Instituts, 3 davon im Vorstand, überließen alle Entscheidungen Herrn Bunk. Meine Einwände als Schatzmeisterin wurden negiert und führten zum Austritt aus dem e.V., nachdem Herr Bunk auch noch die Finanzangelegenheiten an sich gezogen hat.
Jetzt steht der Bau eines Holzbohlenwegs durch die biotopgeschützten Dünen bevor. Zu Beginn der Planung wurde aus Naturschutz- und Kostengründen abgelehnt, diesen verhältnismäßig langen Weg durch den Nationalpark zu schaffen, der ab der Flugplatzstraße an typischen Graudünen vorbeiführt, wo auch Brandenten in alten Kaninchenlöchern brüten.
Der jetzige Standort 4. (siehe Anhang: Protokoll) wurde gewählt, da ein Antrag auf Förderung bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gestellt werden konnte. Das Dünenbiotop sollte durch Bau eines Holzbohlenwegs geschont werden. Von bodenverdichtenden Maßnahmen mit Zementfundamenten war nie die Rede, dies ist jetzt aber so beim Bauamt beantragt und genehmigt worden.
Es wäre noch möglich, der anfänglichen Planung zu folgen, (siehe Anhang: neuer Otto-Leege-Pfad) der Abschnitt I könnte ganz entfallen, stattdessen dem vorhandenen Jaguarweg bis zur Mündung auf der Flugplatzstraße gefolgt werden. Dort kann die letzte Düne der Schutzdünenkette ohne Durchquerung der Dünenbiotope mit einer Aussichtsplattform versehen werden (siehe Anhang: Protokoll : Standort 2.). Die deichrechtliche Genehmigung (NLWKN Norden) soll erst noch ausgesprochen werden.
Da das Otto-Leege-Tor mit gewaltigen Mengen Zement einbetoniert wurde, besteht die Sorge, dass im Zuge der beantragten Baumaßnahme ‚Otto-Leege-Lehrpfad‘ weitere Bodenverdichtungen entstehen sowie das Landschaftsbild des Nationalparks und die dort lebende Flora und Fauna nachhaltig beeinträchtigt werden.
Weitere geplante Objekte, wie eine 5m lange Tafel „Die 3 Säulen der Nachhaltigkeit“ die eine weitere Möbelierung am Goldfischteich wäre, müssten sicherlich auch einbetoniert werden. Genau dort wird von Juister Spaziergängern im Frühjahr der Pirol beobachtet. Zur Planung gehören auch „Kunstwerke“ (im Stationsablauf grau hinterlegt), die ebenfalls einbetoniert werden müssten.
Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung, die im Nationalpark vor Eingriffen dieser Art zwingend notwendig ist, hat nicht stattgefunden. Wie sollte sonst zu entscheiden sein, ob eine fest installierte Windharfe nicht Vogelscheuche wird? Ich finde es immer noch begrüßenswert, wenn ein ökologisch-künstlerischer Inselpfad entstehen kann, der die Gäste und Insulaner der Natur näher bringt. Ein Konzept, wie es die 1.Preisträgerin Elke Freese (www.zikaplan.de) erarbeitet hatte, käme dem nahe und wäre sicher auch mit geringerem finanziellen Aufwand durchführbar. Dadurch würden der lange Holzbohlenweg sowie weitere einzubetonierende Objekte, die von der DBU wegen „Kunst“ angeblich gefordert waren, entfallen und die begonnene Vergewaltigung der Natur würde nicht fortgesetzt werden. Die DBU könnte sicher sein, dass die naturliebenden Menschen vor Ort erleichtert wären, wenn Sie das „kleinere“ Konzept unterstützen würden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit,
mit freundlichen Grüßen,
Hilta Depser-Moritz
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