Einweihungsrede Otto Leege Tor

Unkorrigiertes Manuskript vom 31. Mai 2009 zur Einweihung des Otto Leege Tores

Bernd F. K. Bunk

Liebe Gäste, liebe Juister,

das Tor steht zur Zeit noch nicht so richtig auf dem Weg, das wird sich jedoch ändern.
Frei nach einem Sprichwort:
„Wenn das Tor nicht zum Wege gehen will, muss der Weg zum Tor gehen.“

Aber warum wurde hier ein Tor für Otto Leege errichtet?
Die Frage von Linda Bunk möchte ich noch erweitern:
Warum überhaupt ein Tor?

Das Konzept für den Inselpfad ging aus einem Internetwettbewerb hervor, der vom Otto Leege Institut ausgeschrieben worden war.

Dort wurde auch beschlossen, Otto Leege besonders zu ehren.
Hier am Goldfischteich sollte er im Rahmen des Gesamtkunstwerkes „Ein ökologisch-künstlerischer Inselpfad“ für seinen selbstlosen Einsatz für den Naturschutz und für den Erhalt und die Entwicklung unserer Küstenlandschaft geehrt werden.
Anfangs habe ich mich gefragt: Soll hier ein Standbild Otto Leeges – ein Denkmal aus Bronze oder Beton oder eine Büste von ihm errichtet werden? Solch einen Personenkult hätte Otto Leege für sich, dem es immer um die Sache ging und nicht um Verdienst oder persönliche Ehre, vehement abgelehnt.

Eines Nachts kam mir dann die Idee:
Warum sollte man nicht ein Ehrentor für Otto Leege bauen.
Ein Ehrentor, diesmal nicht für einen Herrscher oder einen ruhmreichen Feldherrn, sondern für das Lebenswerk eines Naturforschers, eines Ornithologen, eines Heimatforschers und eines langjährigen Kommissars für den Naturschutz.

Das Tor könnte zudem noch eine weitere symbolische Bedeutung annehmen:
Man betritt nach Durchschreiten des Tores den Abschnitt II des Otto Leege Pfades.
In diesem Abschnitt geht es im Prinzip um das Verhalten des Menschen zu seiner natürlichen Umwelt. Die Eintretenden werden eingestimmt, sich ein wenig Zeit zu nehmen, und ihre persönliche Beziehung zur Natur zu überdenken.
„Gibt es in meinem Leben eigentlich eine ökologische Ausrichtung?
Ist mein Dasein von Nachhaltigkeit geprägt?
Versuche ich mit meinen Handlungen die Natur und Umwelt so wenig wie möglich zu belasten?“…

Doch zurück zu meinen Konzeptionsproblemen, welches Material sollte man wählen: Metall, Bronze oder Edelstahl, Stein oder gar Beton. Das alles passt nicht in die Landschaft. Es kam eigentlich nur der naturbelassene Werkstoff Holz in Frage.

Nach der Beantwortung der beiden Fragen: Gestalt und Werkstoff ist es für einen Bildhauer nicht mehr schwierig einen Entwurf zu erarbeiten. Mit diesem Entwurf ging ich dann zu einer Sitzung der Entwicklungsgruppe, die bei der Ausführungsplanung hilft. Dort gab es dann einige Einwände:
Das Tor würde ja aussehen wie ein japanisches Torii.
Ist es mit mehr als 5 m nicht zu groß?
Kann so ein Projekt technisch überhaupt verwirklicht werden? Es stehen weder Kran noch Gabelstapler im Nationalpark zur Verfügung.

Der einzige stichhaltige Einwand schien mir die Ähnlichkeit mit einem japanischen Torii.

Vielleicht kennen einige von Ihnen, die japanische Art heilige Tore für eine Landschaft oder für einen Shintotempel zu erbauen, nicht.
Wir haben ein Faltblatt über Tore vorbereitet, das Lara Bunk für Sie bereithält.
(siehe Medienbericht Nr. 7)

Doch zurück zu meinem Problem: Die Ähnlichkeit des Otto Leege Tores mit einem Torii.
Ich schaute mich in Friesland um, ja in Deutschland. Das was ich zu sehen bekam, genügte meinen ästhetischen Ansprüchen nicht.
Bei dieser Suche nach einer neuen Torform wurde mir die Genialität des japanischen Toriis erst so richtig bewusst. 2 senkrechte Pfeiler und ein quer darüber liegender Stamm bilden das Tor und dazu kommt dann ein Riegel, der für die Stabilität unerläßlich ist und auf dem die Schrift ihren Platz finden könnte.

Ich entschied mich also für eine Torform, die auf dem Prinzip des Torii beruhte. Später kam es mir dann so vor, als ob ich versucht hätte, das Rad neu zu erfinden und war dann am Schluss doch wieder zu der runden Form mit einer Achse in der Mitte gekommen.

Der andere Einwand auf der Sitzung der Entwicklungsgruppe:
„Kann die Aufstellung eines solchen Tores im Nationalpark auf Juist technisch überhaupt bewerkstelligt werden?“

Da half mir meine seemännische Vergangenheit. Ich hatte ja 12 Jahre lang als Kapitän des Großseglers Fortuna die Küsten Nordeuropas befahren.

Früher wurden viele Güter nicht über die Straße sondern auf dem Wasser mit Küstensegelschiffen transportiert. Um auch Flussbrücken passieren zu können, musste der Mast gelegt werden. Der Mast wurde auf diesen Schiffen durch sogenannte Mastkoker gehalten und über einen Mastbolzen wurde der Mast gelegt bzw. aufgerichtet.
Ich habe konstruktiv die Mastkoker in die Stämme (es sind ja 2) verlegt und die Mastbolzen in Scharniere verwandelt. So konnte das Tor einfach hochgeklappt werden.

Einweihungsrede

Einbau der Scharnierteile in den Stamm

Jochen Jüchter hat dann mit seinem Manitou, einem Teleskopradlader, die Aufrichtung in 10 Minuten durchführen lassen können. Vielen Dank Jochen!
Wenn Sie sich die Füße des Tores anschauen, werden Sie die Scharniere entdecken, über die das Tor hochgeklappt wurde.

Doch zurück zur Entstehungsgeschichte:
Nach der Entscheidung für Form, Material und dem fertigen Entwurf in der Hand … begannen die eigentlichen Schwierigkeiten.

Einweihungsrede

Woher sollte ich gebogene Holzstämme bekommen?
Sicher kann man sie nicht in einer Holzhandlung bestellen.
Also ich musste in den Wald und nach den richtigen Bäumen Ausschau halten. Theoretisch müssten in einem waldreichen Land wie Deutschland die richtigen Stämme zu finden sein … aber wo? Da wir in Sandhatten bei Oldenburg im Wald wohnen, fing ich im Herbst 2008 in meiner Umgebung mit der Suche an. Dünne gebogene Kiefern gab es schon aber das war Fiselkram. Ich fertigte mir 3 kleine Holzlehren mit der erwünschten Krümmung an und verglich damit die bogenförmig gewachsenen Bäume, die ich vorfand. Zum Glück begegnet man im Winter nicht viele Menschen im Wald. Mein sonderbares Verhalten wäre sonst recht auffällig gewesen. Unser Förster Karl-Heinz Pelster half später kräftig mit. Im Februar 2009 war die gemeinsame Suche tatsächlich erfolgreich. 4 Stattliche ca. 25 m hohe, 70 Jahre alte Douglasien wurden gefällt, die ziemlich exakt den erwünschten Bogen hatten und nun die Größe und die Proportionen des Tores bestimmten. Sie wurden von einem Rückeunternehmen zum Bauplatz vor unserem Haus gebracht.
Bald darauf begannen die beiden Zimmerleute Carsten Brüning und Thorsten Himmelmann, die Baustelle einzurichten und die Werkzeuge zu schärfen. Aber auch sie standen vor ungeahnten Schwierigkeiten. Nirgends an den Stämmen gab es vernünftige, gerade Kanten oder Flächen, die man als Bezugspunkte oder Linien nehmen konnte… alles war irgendwie rund oder oval, gebogen und gekrümmt. Es wurde mehr mit Messlatte, Zollstock, Lasergerät und Schnur gearbeitet als mit Kettensäge, Stechbeitel oder Hobel. Aber sie sehen, die Beiden haben die Schwierigkeiten gepackt und ausgezeichnete Arbeit geleistet.

Und ich meine, liebe Anwesende, die beiden Zimmerleute Carsten Brüning und Thorsten Himmelmann haben einen extra Beifall verdient.

Einweihungsrede

Auf dem Foto sehen Sie die beiden ausführenden Zimmerleute, die Scharniere die das Tor mit den Fundamenten verbindet und den Weg, der zur Einweihung noch am Tor vorbeiführte.

Über den Fortgang des Gesamtkunstwerkes „Otto Leege Pfad – ein ökologisch-künstleischer Inselpfad“ erzähle ich Ihnen heute nichts.

Das soll eine Überraschung für Sie werden, liebe Gäste, wenn Sie im nächsten Jahr – vielleicht wieder um diese Zeit – nach Juist kommen werden.

Unseren Dank für die wohlwollende Begleitung und Hilfe möchte ich folgenden Institutionen aussprechen:
Der Nationalparkverwaltung – Herrn Südbeck
Dem NLWKN – Herrn Eilts
Der Bauverwaltung Juist – Herrn Wilde
Dem Domänenamt – Herrn Ahrends
und dem Landkreis Aurich.

Ich danke auch Gerald Kannegieter vom Fuhrmannshof, der immer bei der Hand war, wenn es Schwierigkeiten gab.

Und Ihnen, liebe Anwesende, für Ihre Aufmerksamkeit.